Wildernder Hund soll Reh getötet haben. 24.10.2014
Auf dem Handy ist das Foto von dem toten Reh zu sehen. Der Kopf ist abgerissen, die Eingeweide aufgefressen. Willi Krekeler führt seinen ausgebildeten Jagdhund »Fredo« stets an der Leine. Das wünscht er sich auch von allen anderen Besuchern im Wald. Jagdpächter Walter Sonntag bittet alle Hundebesitzer, die Anleinpflicht zu beherzigen. Foto: Ingo Schmitz
Von Ingo Schmitz
Höxter (WB). Der Anblick lässt erschaudern: Mitten im Wald liegt ein totes Reh. Es ist übel zugerichtet. Auf dem Boden sind Kampfspuren zu sehen. Dort liegt ein Stück Fell, hier sind Eingeweide. Jagdpächter Walter Sonntag ist entsetzt. Er vermutet, dass ein wildernder Hund zugeschlagen hat.
Tatort ist der Bratvogelweg am Räuschenberg zwischen Höxter und Brenkhausen. Das bei Spaziergängern, Nordic Walkern, Joggern, Hundebesitzern, Reitern und Mountainbikefahrern beliebte Waldstück gehört der Stadt Höxter. Walter Sonntag aus Ottbergen hat die 109 Hektar große Fläche gepachtet. Häufig ist er hier unterwegs und schaut nach dem Rechten, ebenso wie sein Jagdpartner Willi Krekeler aus Brenkhausen.
»Durch die Nähe zur Stadt Höxter genießen hier viele das Naherholungsgebiet. Da haben wir auch gar nichts gegen. Es ist eben ein tolles Stück Natur. Aber leider sieht man immer wieder Hundebesitzer, die ihre Vierbeiner nicht anleinen. Die Hunde gehen häufig neben den Wegen. Sie scheuchen das Wild auf«, sind die Jäger verärgert. Zum Glück komme es aber nur selten zu einem so tragischen Ende, wie es jetzt in dieser Woche geschehen ist.
Spuren seien eindeutig
Aus Sicht der beiden Jäger ist die Spurenlage eindeutig. Als die junge Ricke den beliebten Spazierweg überquert hat, muss offenbar ein Hund sofort hinterher gesprungen sein. Bei der Verfolgungsjagd riss der Hund wohl die Keule des Rehs auf. Die tödliche Begegnung endete schließlich im Wald offenbar mit einem Biss in die Kehle. Danach muss der Vierbeiner von seinem Opfer abgelassen haben. Es könne sich nur um einen Hund gehandelt haben, meinen die Jäger. Nach Expertenmeinung scheide ein Wolf oder Luchs als »Täter« aus.
Über das tote Reh habe sich anschließend noch ein Fuchs hergemacht, meint Walter Sonntag, der die Lage genau untersucht hat. Der Fuchs trennte den Kopf ab und bediente sich an den Eingeweiden, erklärt er.
Der Vorfall sei bislang nicht gemeldet worden. Entdeckt worden ist das tote Tier erst von Willi Krekeler bei einem Spaziergang. Sein Foxterrier Fredo, mit dem der Jäger angeleint unterwegs war, nahm die Fährte auf: Dann sah er die Bescherung.
Die Ricke war wohl nicht allein unterwegs, vermutet der Jagdpächter aus Ottbergen. Man habe noch ein Rehkitz vor Ort gesehen. »Aufgrund seines Alters gehen wir davon aus, dass es problemlos überleben wird«, sagt Walter Sonntag.
Nach Auskunft von Johannes Happe vom Stadtforstbetrieb Höxter gilt auf so genannten qualifizierten Wanderwegen – also Wegen, die zum Beispiel als Wanderweg ausgewiesen sind – die Anleinpflicht für Hunde. Diese Regelung gelte zum Schutze der Nutzer. Das treffe auch für den Bratvogelweg zu, sagt er. Wenn er im Wald einen Hundebesitzer sehe, weise er diesen auf die Anleinpflicht hin. Auch ein Ordnungswidrigkeitenverfahren könne gegen den betreffenden Hundeführer eingeleitet werden, erklärt er. Ein solches Verfahren drohe auch Hundebesitzern, dessen Vierbeiner beim Wildern erwischt werde.
Jagdtrieb von Hunden
Jeder Hund habe einen Jagdtrieb, betont Walter Sonntag. »Wir haben viel Verständnis für Hunde, allerdings nicht, wenn sie wildern. Theoretisch hätten wir die Möglichkeit, einen wildernden Hund zu erschießen. Als verantwortungsbewusste Jäger sträubt sich aber alles in uns dagegen«, macht er klar, dass er nicht bis zum Äußersten gehen würde. Er appelliert daher an die Vernunft der Spaziergänger, die mit ihrem Vierbeiner unterwegs sind. Sie sollten die Alleinpflicht nicht nur zur Brut- und Setzzeit, sondern auch jetzt im Herbst und Winter beherzigen.
Wildernde Hunde in Deutschland, Österreich und der Schweiz.