Rehkitz vom Ittertal hat nicht überlebt. 11.06.2013
Das wenige Tage alte Rehkitz, das Spaziergänger gefunden hatten, ist in einer Auffangstation verendet. FOTO: kreispolizei
Haan. Das von einem Hund im Ittertal zu einem Wanderweg geschleppte Rehkitz ist tot. Das teilte die Kreispolizei gestern auf Anfrage mit. Das erst wenige Tage alte Tier verendete am Wochenende in einer Auffangstation in Grevenbroich. Von Ralf Geraedts
"Möglicherweise war der Schock zu groß, den das Jungtier durch die Trennung von der Mutter und die Begegnung mit dem Hund erlitten hat", vermutete Ulrich Löhe, Sprecher der Kreispolizei.
Wie am Samstag berichtet, hatten Spaziergänger am Donnerstagabend die Polizei alarmiert, dass ein frei laufender brauner Hund im Bereich Müllersberg und Schaafenkotten Rehe verfolgt und dabei auch ein etwa zwei Wochen junges Rehkitz aufgescheucht, gefasst und im Maul getragen hatte. Als Wanderer den Hund laut ansprachen, ließ der das Kitz liegen und lief davon.
Die Polizei benachrichtigte den zuständigen Jäger, der wiederum das Kitz von einem Tierarzt untersuchen ließ. Eine sachkundige Frau erklärte sich bereit, das ansonsten chancenlose Tier aufzunehmen und bis zu einem hoffentlich erfolgreichen Auswilderungsversuch zu versorgen. Noch am Donnerstag entschloss sie sich aber, das unverletzte Jungtier zur Auffangstation in Grevenbroich zu bringen.
"Wir haben ihm Erstlingsmilch angeboten", berichtete Ralf Dietrich vom Grevenbroicher "Umweltzentrum Schneckenhaus". Aber Muttermilch sei nicht zu ersetzen. Das kleine Reh sei allenfalls einige Tage, nicht aber schon zwei Wochen alt gewesen.
Das Rehkitz habe zwar etwas getrunken, sei aber am Samstag verendet. Derzeit leben im "Schneckenhaus" vier Kitze; mehr könnten nicht aufgenommen werden. Bis August/September werden sie dort aufgezogen. "Dann hoffen wir, dass die Auswilderung gelingt", sagte Dietrich.
Er wünschte sich, dass in dieser Jahreszeit Hunde auf jeden Fall dort an die Leine genommen werden, wo Wildtiere sein könnten. Rehkitze lägen oft allein in Wiesen oder Feldern, würden dort trotzdem vom Muttertier versorgt. Der Nachwuchs habe noch keinen Eigengeruch; das Elterntier lecke sogar Kot und Urin des Kleinen auf. Wer ein kleines Reh finde, das nicht offensichtlich verletzt sei, sollte es nicht anfassen und liegen lassen, sagte Ralf Dietrich.
Der Hildener Geschäftsmann Manfred Kluth meldete sich nach dem Artikel über das Kitz vom Ittertal in der Redaktion. Er berichtete von einem anderen Fall, in dem ein Hund Rehnachwuchs gewildert hat. Kluth besitzt in Ratingen-Hösel einen eigenen Wald. Bei einem Rundgang entdeckte er ein abgerissenes Bein, das möglicherweise von einem etwa einjährigen Rehbock stammt, den Kluth seither nicht mehr gesehen hat. Den Tierkadaver hat der Jäger noch nicht gefunden.
Viele Hundehalter seien nicht dafür sensibilisiert, dass gerade in Setzzeiten ihre Vierbeiner nicht frei laufen sollten. Würden Rehe aufgestöbert, so liefen sie in wilder Panik davon – oft genug in den Tod. Manche Hundeeigentümer fänden "es auch noch toll, wenn ihr Hund Wild jagt", sagt Kluth. Viele Hunde hätten einen Instinkt, Wild aufzuspüren. Das müssten die Besitzer sich vor Augen halten. Praktizierte Tierliebe sei es dann, den Hund zum Schutz der anderen Tiere an der Leine zu halten.
Wildernde Hunde in Deutschland, Österreich und der Schweiz.