Wildernder Hund reißt Reh. 16.05.2014
     Ein streunender Hund hetzt ein trächtiges Reh, reißt es zu Tode. So geschehen am Samstag auf dem Spitzenberg bei Lautenbach. Der Jagdpächter sieht in dem Vorfall ein tragisches Beispiel für die Praxisuntauglichkeit des von der Landesregierung geplanten neuen Jagdgesetzes.
     Das Bild, das sich Rolf Frenk am Samstagmorgen auf dem Spitzenberg bot, wollte er lieber nicht für die Nachwelt festhalten. Zu grausig war das Szenario, das der Lautenbacher Jagdpächter dort vorfand, nachdem ihn der Wirt der Vesperstube »Zum Fiesemichel« verständigt hatte: ein totes, trächtiges Reh. »Es wurde wohl bei lebendigem Leib an der Keule angefressen und starb vermutlich an den Schmerzen und am Schock«, vermutet Frenk.
     Eine Wandergruppe, die in den frühen Morgenstunden des Samstags im Bereich Simmersbacher Kreuz auf dem Spitzenberg unterwegs war, hatte zuvor laut Frenk beobachtet, wie ein großer schwarzer Hund das Reh gehetzt und es anschließend angefallen hatte. »Sie hörten den Hund bellen und sind dem nachgegangen«, erklärt der Jagdpächter. An einem Löschweiher hätten sie dann den Hund gesehen, wie er sich über besagtes Reh hermachte. Beim Anblick der Wanderer sei das Tier dann in Richtung Sohlberg davongelaufen.
     »Wir haben diesen Hund schon mehrfach mit einer Wildkamera aufgenommen, die in diesem Gebiet aufgestellt ist«, sagt Frenk. Weder die Rasse noch die Herkunft des Hundes seien jedoch festzustellen gewesen. Ein Halsband habe er nicht getragen. Der Jagdpächter Rolf Frenk sieht in dem furchtbaren Einzelschicksal des trächtigen Rehs ein Paradebeispiel für die Unzulänglichkeit des geplanten neuen Landesjagdgesetzes. Danach dürfte ein Jäger, selbst wenn er Zeuge davon wird, wie ein streunender Hund vor seinen Augen ein Wildtier hetzt, den wildernden Hund nicht mehr erschießen.
     »Das ist total praxisfremd«, ärgert sich Frenk. Denn eine Ausnahmeregelung vom generellen Verbot, einen streunenden Hund zu töten, könne nach Paragraph 49 nur von der Ortspolizei oder dem Bürgermeister ausgestellt werden. Dass dieses Vorgehen nach Inkrafttreten des neuen Jagdgesetzes jedoch zum Zug kommen wird, sieht Frenk skeptisch: »Ich möchte den Bürgermeister sehen, der solch eine Tötungserlaubnis ausstellt.«
     Sehr emotionale Sache
     Eine Verschärfung des Jagdgesetzes bezüglich streunender Haustiere ist nach Ansicht Rolf Frenks zudem gar nicht nötig: »Einen Hund zu erschießen ist auch für einen Jäger eine sehr emotionale Sache. Er wird sich das immer zehn Mal überlegen.« Auch nach dem bestehenden Jagdgesetz müsse der Jäger prüfen, ob ein streunender Hund überhaupt beispielsweise einem Reh gefährlich werden kann. Bei einer kleinen Rasse sei dies definitiv nicht der Fall. Auch sei schon jetzt vorgeschrieben, dass zuerst versucht werden müsse, den wildernden Hund einzufangen oder vom Wildtier abzulenken. Der tödliche Schuss dürfe immer nur die Ultima Ratio sein.
     Mit dem konkreten Fall in Lautenbach auf dem Spitzenberg konfrontiert, plädiert Thomas Marwein für eine praxisgerechtere Formulierung des neuen Jagdgesetzes, als es bisher in dem Gesetzesvorschlag der Fall ist. »Wenn man schon Änderungen gegenüber dem bisherigen Gesetz macht, sollten sie so sein, dass sie in der Praxis auch umgesetzt werden können«, erklärt der Grünen-Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Offenburg auf Anfrage der ARZ. Marwein, dessen Partei die Gesetzesnovellierung vorantreibt, gibt zu bedenken, dass es für den Jäger schwierig sein dürfte herauszufinden, wem ein wildernder Hund gehört. Generell sollte Marwein zufolge auch künftig im Wald der Grundsatz gelten dürfen: »Not kennt kein Gebot«.

     Wildernde Hunde in Deutschland, Österreich und der Schweiz.