Bauchdecke zerfetzt: Reh stirbt qualvoll. 11.04.2013
Wöllstadt (flj). Es war kein schöner Anblick, der sich Willibald Wanka, Landwirt und Jäger, zu Wochenbeginn auf einem der Felder zwischen Ober- und Nieder-Wöllstadt bot: Er sah ein Reh mit aufgerissener Bauchdecke, daneben lag ein ungeborenes Kitz.
Beide Tiere waren tot. Wanka ist sich sicher: Die trächtige Ricke ist einem freilaufenden Hund zum Opfer gefallen. Eine andere Ursache sei unwahrscheinlich, da Rehe hierzulande keine natürlichen Feinde hätten. Immer öfter mache er solch grausame Entdeckungen in der Gemarkung, die er als Jagdpächter betreut. Sie liegt südlich von Ober-Wöllstadt.
»Im Jahr verenden mindestens sechs bis sieben Tiere durch freilaufende Hunde«, sagt Willibald Wanka mit Blick auf das Gebiet, das er als Jagdpächter betreut. Diese Woche fand der Wöllstädter ein trächtiges Reh mit weit aufgerissener Bauchdecke, vor zwei Wochen sah er ein Tier, an dessen Hals eine breite Wunde klaffte. Es war mit dem Leben davongekommen. Das verdankte das Tier wohl den niedrigen Temperaturen. »Wäre das Reh im Sommer verletzt worden, hätten sich längst Maden in die Wunde eingenistet und es wäre qualvoll gestorben«, sagt Ottmar Böttcher, der die verletzten und toten Tiere fotografiert. Dabei entstehen Bilder, die so Grausiges zeigen, dass man sich wünscht, sie lieber nicht gesehen zu haben.
Auch Heinrich Weis, ebenfalls Landwirt und Jäger, findet in seinem Pachtgebiet, das nördlich von Ober-Wöllstadt verläuft, öfter gerissenes oder verletztes Wild. »Ich versuche mit den Hundbesitzern, die ihre Tiere von der Leine lassen, zu reden und erkläre ihnen, wie gefährlich das für das Wild sein kann.« Die meisten Hundebesitzer seien sehr verständnisvoll, einige stellten sich jedoch quer. Auch bekomme er Aussagen wie »Der will doch nur spielen« oder »Der ist eigentlich ganz brav« zu hören. »Was für den Hund ein Spiel ist, stellt für das Wild eine erhebliche Gefahr dar.« Gerade jetzt, da in Wald und Flur die Zeit beginnt, in der die Wildtiere ihre Jungen bekommen. »Die Bewegungsfähigkeit von Rehen ist dann stark eingeschränkt, das Wild oft nicht schnell genug, um den Hunden zu entkommen«, ergänzt Wanka.
Eine Hetzjagd kann unter Umständen auch für Menschen gefährlich werden. »Wenn ein Reh gejagt wird, achtet es vor lauter Stress nicht auf seine Umgebung. Verheerend, wenn eine Straße in der Nähe ist«, sagte Jagdpächter Wanka. Er appelliert an die Vernunft der Hundebesitzer, ihre Tiere an der Leine zu lassen. »Das Problem ist nie der Hund, sondern immer das Herrchen, da das Tier nur seinem natürlichen Jagdinstinkt folgt«, sagt Wanka. »Wir könnten vor die Gemeinde treten und Leinenzwang einfordern, aber das bringt ja nichts. Die Hundebesitzer müssen von selbst draufkommen, ihren Hund anzuleinen und Verantwortung für das Handeln ihres Tieres übernehmen.«
Hundebesitzern droht Strafe
Jagdwilderei ist ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. »Werden Hundehalter dabei erwischt, wie ihr Tier Wild jagt, können erhebliche Geldstrafen drohen«, sagt Christiane Peter vom Tierheim Wetterau. »Weitaus schlimmer wird es, wenn es durch die Hetzjagd zu einem Unfall kommt. Ohne Haftpflichtversicherung muss der Hundehalter dann die Kosten übernehmen.« Zudem sollten sich Hundebesitzer darüber im Klaren sein, dass ein Jagdpächter das Recht habe, wildernde Hunde zu erschießen. Zwar werde davon kaum Gebrauch gemacht, »doch möglich wäre es«, sagte Peter.
Ist es passiert und ein Hund hat ein Tier verletzt, empfiehlt die Kommunikationsinitiative »Natürlich Jagd« folgende Vorgehensweise: Zuerst sollte der Hund angeleint werden, wenn es sich dabei um das eigene Tier handelt. Bei fremden Hunden ist es sicherer, Abstand zu halten. Das Tier könnte aggressiv reagieren, um seine Beute zu schützen. Dann sollte der zuständige Jäger oder die Polizei verständigt werden.
Wildernde Hunde in Deutschland, Österreich und der Schweiz.