Wildernde Hunde reißen trachtige Ricke. Appell an Hundehalter
Jurgen Tiskens zeigt mit seinem Hund "Sam", wie es richtig geht: Hunde gehoren an die Leine, damit sie nicht an Rehkitze gehen. FOTO: Jurgen Laaser (Archiv)
Erkelenz. Kurz vor Geburt ihrer Kitze starb eine hochtragende Ricke bei Rickelrath auf grausame Weise: Wildernde Hunde haben das Tier gerissen. Es ist der zweite Fall innerhalb von drei Wochen. Hegeringleiter Jurgen Tiskens hat Strafanzeige gestellt.
Sie haben in den vergangenen Wochen gleich mehrfach totes Wild gefunden. Was ist passiert?
TISKENS Gefunden wurde gerissenes Rehwild, darunter auch eine hochtragende Ricke. Die Bissspuren belegen eindeutig, dass in beiden Fallen, die sich in Feldfluren bei Rickelrath zugetragen haben, Hunde das Wild gerissen haben. Die Bisswunden waren unter anderem am Hals zu sehen. Mich hat das letztlich veranlasst, Strafanzeige zu stellen.
Warum sind diese Falle so problematisch?
TISKENS Die rechtliche Situation in Nordrhein-Westfalen sieht so aus, dass Hunde in freier Feldflur abseits der Bebauung frei und damit eben unangeleint laufen durfen. Aber: Die Hunde mussen im Wirkungskreis des Hundefuhrers bleiben und sich dort aufhalten. Vielfach ist das aber nicht so, denn die Hunde laufen viel weiter weg und halten sich auf den Feldern auf. Ganz genau genommen herrscht auf den landwirtschaftlich genutzten Flachen sogar ein sogenanntes Betretungsverbot. Generell durfen Hunde dem Wild nicht nachstellen.
Wie sieht das in Naturschutzgebieten aus?
TISKENS Da ist die Regel noch viel strenger, denn hier mussen die Hunde angeleint werden. Vor allem Regionen wie Wegberg sind davon betroffen. Was jedoch die beiden Fundorte betrifft: Das war nicht im Naturschutzgebiet.
Sie erwahnten, dass Hunde Wild nicht jagen durfen. Da ist doch vor allem der Hundehalter in der Pflicht.
TISKENS Richtig. Es ist naturlich eine Gratwanderung. Jeder verhalt sich egoistisch in der Natur, die ja gerade eine Kinderstube ist. Es ist fur jeden Hundehalter toll, wenn sich das Tier frei bewegen kann. Hier gilt es, an die Vernunft zu appellieren. Nehmen wir als Beispiel den Fuchs. Er raubert, das ist dann aber ein ganz naturlicher Kreislauf, weil dieses Verhalten sein Uberleben gewahrleistet.
Was ist mit verlassenen Kitzen? Hier glaubt so mancher Tierfreund, helfen zu mussen.
TISKENS Ein Kitz, das alleine ist, ist nicht unbedingt verlassen. Kitze haben in den ersten Wochen keinen Eigengeruch, sie riechen nicht. Schnuffelt hier ein Hund, ist es schon zu spat. Das Muttertier verlasst das Kitz. Viele Menschen wissen das nicht. Ein weiteres Problem taucht auf, wenn Landwirte ihre Felder mahen. Die Tiere machen sich, wenn sie Gefahr wittern, ganz platt. Doch wenn der Landwirt mit dem Kreiselmaher uber das Feld fahrt, hat das Tier keine Chance mehr. Ich musste schon oft ein Tier erlosen, das ist keine schone Aufgabe.
Suchen Sie das Gesprach mit Landwirten und Hundehaltern?
TISKENS Ja sicher. Viele Landwirte beispielsweise melden sich vor dem Abmahen von Feldern und geben mir Bescheid. Es gibt auch viele einsichtige Hundehalter. Manche sind aber fur ein Gesprach nicht offen. Das ist dann traurig. Wenn es gar nicht geht, muss man sich an die Untere Jagdbehorde wenden. Doch soweit soll es nicht kommen.
Wildernde Hunde in Deutschland, Österreich und der Schweiz.